Das Web – unbegrenzte Design-Möglichkeiten. Seit den frühen 90er Jahren hat sich im Internet viel getan. Was als reine Textseiten begann, gezimmert aus purem HTML, ist mittlerweile interaktiv, animiert, gescriptet. Würde man alleine die Bilder im Internet auf Festplatten speichern, könnte man diese bis in den Weltraum stapeln. Dabei vergessen Webdesigner gelegentlich, dass die meisten ihrer Besucher noch lange nicht an Gigabit-Leitungen hängen. Auf mobilen Endgeräten ist jedes Megabyte Datentransfer bares Geld wert. All das kollidiert spätestens dann, wenn eine Website völlig überlastet ist und im Schneckentempo lädt. Solche Ladezeiten sehen nicht nur Besucher ungern – die springen nach wenigen Sekunden ab – sondern es zieht auch den Unmut großer Suchmaschinen nach sich.
Wie wichtig sind Ladezeiten für Suchmaschinen?
Suchmaschinen vom Kaliber Google oder Bing sind bekanntermaßen etwas knausrig, was ihre konkreten Algorithmen angeht. Das ist insofern verständlich, als dass komplette Transparenz geradezu eine Einladung wäre, das System auszutricksen. Trotzdem ist Google zum Thema Ladezeiten nicht ganz still. Aus kleineren und größeren Hinweisen der letzten Jahre lässt sich ein zumindest grobes Bild zusammensetzen.
So lässt sich auf dem offiziellen Webmaster-Blog von Google etwa folgende Aussage lesen:
[…] Je schneller eine Website ist, desto besser ist die Nutzererfahrung und desto höher ist auch die Crawling-Frequenz. Für den Googlebot ist eine schnelle Website ein Zeichen für gut funktionierende Server. So kann er mehr Inhalte über die gleiche Anzahl von Verbindungen abrufen. […]
Schnellere Ladezeiten ziehen also eine höhere Besuchfrequenz von Googles Crawlern nach sich. Im Umkehrschluß lässt sich daraus lesen, dass Websites mit schnelleren Ladezeiten in Google-Suchen aktueller auftauchen. Ihre Inhalte werden schlicht öfter abgerufen und in den Suchalgorithmus übernommen. Darüber hinaus wird hier konkret von einer höheren Nutzererfahrung gesprochen – einer Variable, die für eine Suchmaschine sicher nicht unwichtig ist. Was das für Ihren Rank bedeutet, will Google aber nicht verraten. Nur soviel:
[…] Eine höhere Crawling-Frequenz führt nicht zwangsläufig zu besseren Positionen in den Suchergebnissen. Google nutzt Hunderte Signale für das Ranking der Ergebnisse. Das Crawling ist zwar notwendig, um in den Ergebnissen zu erscheinen, aber kein Ranking-Signal.
“Nicht zwangsläufig” bedeutet nicht “nicht”, aber eben auch nicht “zwangsläufig”. Daraus eine Schlussfolgerung zu ziehen, sei jedem selbst überlassen. Dass sich Google nicht allzu sehr in die Karten schauen lässt, ist aber wie erwähnt nur logisch.
Mobile Endgeräte ändern die Spielregeln für Ladezeiten
Konkreter wurde es dann aber 2018, als Google auf eben jenem Blog verkündete, dass Ladezeiten jetzt auch auf Mobilgeräten eine Rolle spielen. Allein schon dieser Faktor ist für Betreiber einer Website enorm wichtig. So zählte statcounter.com für 2009 den Marktanteil von mobilen Endgeräten mit beinahe 0%. Die damals erhältlichen Smartphones spielten im Vergleich zu Desktop-PCs schlicht noch kaum eine Rolle. Spulen wir gute 10 Jahre in die Zukunft, sieht die Lage schon ganz anders aus. Im November 2016 überkreuzten sich die Marktanteile von Mobil und Desktop an der Marke von 50% – seitdem klettern mobile Endgeräte unaufhaltsam an, während der Marktanteil von Desktop-Geräten Ende 2019 bei knapp 43% lag.
Wie eingangs geschrieben, sind mobile Daten ungleich wertvoller als der Internetzugang am PC. Auf vielen Websites hat das bereits eine Trendumkehr bewirkt. Wo noch vor wenigen Jahren die Website als “Erfahrung” behandelt wurde, die Besucher mit viel Grafik und Interaktivität durch ihr Thema führt, ringen jetzt schlanke Websites um den ersten Platz in Punkto Benutzerfreundlichkeit.
Besucher (und potenzielle Käufer!) auf mobilen Endgeräten scheinen außerdem weniger Geduld zu haben als solche, die einen Desktop-PC benutzen. Das hat eine Studie von Akamai Technologies, Inc. aus dem Jahr 2017 ergeben. Die Zahlen sprechen für sich: Wenn die Website lädt, kann eine Verzögerung der Ladezeit um 100 Millisekunden die Konversionsrate um bis zu 7% senken. Eine Verzögerung der Ladezeit von zwei Sekunden erhöht laut Akamai die Absprungrate um ganze 103%. Übersteigt die Ladezeit einer Seite 3 Sekunden, springen 53% der mobilen Besucher ab.
Diese Zahlen sind dramatisch. Sie schaffen außerdem harte Fakten für Betreiber einer Website – Fakten, die auch Google und Co. nicht entgangen sind.
Wie messen sich Ladezeiten?
Die Ladezeit einer Website quantifizierbar machen ist leider keine simple Aufgabe. So können etwa wichtige Inhalte zuerst angezeigt werden – ob das dann bereits als “geladen” gilt, sei jedem selbst überlassen. Bewertungsportale für Ladegeschwindigkeit wie Googles hauseigenes Pagespeed Insights setzen deshalb auf eine Kombination unterschiedlicher Faktoren. Ein Überblick.
First Contentful Paint und First Meaningful Paint
Die oben genannte Akamai-Studie setzt vor allem auf eine Variable: “First Contentful Paint”. FCP bezeichnet die verstrichene Zeit zwischen dem Aufrufen einer Website und dem ersten ausgelieferten Inhalt des DOM. Kurzum, das erste überhaupt ausgelieferte Stück Content der Website. Für Suchmaschinen ist FCP wichtig weil sie ab diesem Zeitpunkt wissen, dass auf der Website überhaupt etwas liegt, sie also nicht leer oder unerreichbar ist.
Ähnlich wie First Contentful Paint ist die Variable First Meaningful Paint. Während sich FCP nur darum dreht, wann der erste Inhalt ausgeliefert wird, geht FMP tiefer ins Detail. Ganz konkret geht es hier um die Ladezeit für Inhalte, die Ihre Besucher interessieren. Was genau “meaningful” bezeichnet, ist von Website zu Website unterschiedlich. Es kann sich dabei um eine Überschrift handeln, wichtige Bilder für Ihren Online-Shop, oder sichtbaren Text eines Posts wie eben jenem, den Sie gerade lesen. FMP ist also kontextabhängig, während FCP nur misst, ob und wann irgendein Teil der Website ausgeliefert wird (Buttons, eine Navigationsleiste und dergleichen mehr, die man auch mit gutem Willen nicht als “kritische” Inhalte bezeichnen könnte).
Ihren FMP können Sie auf vielfältige Arten optimieren. Konzepte dafür schießen mit schöner Regelmäßigkeit aus dem digitalen Boden. Eine beliebte Methode etwa sind Bilder, die schrittweise geladen werden. In so einem Fall wird als erstes ein verwaschenes Bild in niedriger Auflösung geliefert, das dann langsam nachlädt. Der Inhalt ist zu diesem Zeitpunkt schon ausgeliefert, nur eben nicht komplett. Ebenfalls gern gesehen: Kleine Thumbnails als Platzhalter, bis das “echte” Bild geladen ist. Viele dieser Methoden konzentrieren sich deshalb auf Bilder, weil Bilder nunmal der Fluch und Segen des Internets sind. Ohne visuelle Unterstützung kommt keine moderne Website mehr aus – auf der anderen Seite verstopft diese mit Hunderten Megabytes an Inhalten rasend schnell die Leitung.
Speed Index
Der Speed Index ist ein Durchschnittswert, der die Website zu verschiedenen Zeitpunkten misst. Darin fließen dann mehrere Faktoren ein, etwa die oben genannten FCP und FMP sowie der gesamte Ladezustand zu Zeitpunkt xyz. Hier geht es also nicht mehr nur um den ersten Zeitpunkt für bestimmte Inhalte, sondern ein grobes Gesamtbild, heruntergebrochen auf Durchschnittswerte. Das ist insofern sinnvoll, als dass eine optimierte Website theoretisch schnell ihre ersten Inhalte ausliefern und trotzdem den Rest im Schneckentempo nachladen kann. Der Speed Index ist damit eine Art genereller Index, in dem alle Aspekte der Seitenoptimierung zusammenkommen.
First CPU Idle
Damit gemeint ist der Zeitpunkt, ab dem die meisten Funktionen der Seite geladen sind und Besucher mit ihnen interagieren können. Buttons, Navigationselemente und andere interaktive Inhalte fallen in diese Kategorie. Auch dieser Wert ist insofern nicht absolut, als dass damit nur die meisten, aber nicht zwangsläufig alle Elemente der Seite gemeint sind. Liegen auf Ihrer Seite viele Buttons und interaktive Elemente? Dann ist First CPU Idle ein Wert, den Sie im Auge behalten sollten. Generell gilt: Je weniger Inhalte mit hoher Wichtigkeit für die Seitenfunktionalität heruntergeladen oder ausgeführt werden müssen, desto schneller wird der Zeitpunkt First CPU Idle erreicht.
Time to Interactive
Wenn der erste Inhalt ausgeliefert wurde (FCP), die meisten Scripte der Seite ausgeführt werden und die Seite auf Klicks innerhalb von 50 Millisekunden reagiert, ist der Zeitpunkt “Time to Interactive” erreicht. Weil Time to Interactive stark von Scripten abhängt, können Sie diesen Wert über optimierte JavaScripte beeinflussen. So hat es sich etwa etabliert, JavaScript-Funktionen einer Seite in einem großen Bündel zu vereinen. Bis dieses komplett geladen ist, kann einiges an wertvoller Zeit vergehen. Wie oben erwähnt, macht eine Zehntelsekunde auf mobilen Endgeräten womöglich den Unterschied zwischen einem Käufer und einem weiteren Punkt in der Absprungrate. Überlegen Sie deshalb, Ihre JavaScript-Funktionen auf mehrere Scripte zu verteilen und diese separat zu laden. Bei diesem sogenannten Code Splitting werden wichtige Funktionen von weniger wichtigen getrennt und zuerst ausgeliefert. Die Seite ist dann funktionstüchtig, bevor sämtliche Scripte geladen sind.
Max Potential First Input Delay
Hinter diesem etwas sperrigen Begriff versteckt sich die maximale Verzögerung bei einer Interaktion zwischen Besucher und Website. An einem konkreten Beispiel ausgedrückt: Angenommen, Ihre Seite ist soweit geladen, dass funktionstüchtige interaktive Elemente wie Buttons sichtbar sind. Klickt ein Besucher jetzt auf einen dieser Buttons, passiert etwas – oder halt eine Weile lang nichts. Wie lange diese “Weile” ist, sagt der Max PFID aus. Es ist die maximale Wartezeit zwischen dem Klick auf ein Seitenelement und dem Zeitpunkt, wo dieses Element seine Funktion ausführt. Die Optimierung des Max PFID übersteigt den Rahmen dieses Blogbeitrags, aber für die Scripter unter Ihnen sei gesagt: Ein unerwartet hoher Max PFID kommt häufig dann zustande, wenn Scripte im Hintergrund viele Aufgaben auf wenige Tasks verteilen. Brechen Sie die Script-Funktionen ruhig auf mehrere Tasks herunter, die dann gemeinsam die Last tragen.
Fazit
Galten optimierte Ladezeiten vor einigen Jahren noch als “nice to have”, hat Google sie als Ranking-Faktor für Mobilgeräte zu einem kritisch wichtigen Faktor im Webdesign gemacht. Leider liegt es nicht jedem, konkret an Scripten der eigenen Website zu werkeln. Wie die kurze Übersicht der Variablen von Spagespeed Insights zeigt, führt daran allerdings kein Weg vorbei. Glücklicherweise ist das Netz ein nicht zu erschöpfendes Füllhorn aus Informationen, die auch für Ihre Website-Optimierung ein wahrer Lebensretter sein können.
Möchten Sie Ihre Ladezeit verkürzen und können mit dem technischen Hintergrund nichts anfangen? Setzen Sie sich mit uns in Verbindung!
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